Von der Idee zur Anerkennung: Nominierungen für UNESCO-Welterbestätten

Der Titel „UNESCO-Welterbe“ ist eine internationale Auszeichnung, die nicht nur Prestige, sondern auch Verantwortung bedeutet. Der Weg dorthin führt über ein umfangreiches Bewerbungsdossier – die sogenannte Nominierung. Doch was gehört hinein, wie läuft der Prozess ab, und welche Vorgaben macht die UNESCO?

Was bedeutet eine Nominierung?

Eine Nominierung ist das offizielle Verfahren, mit dem ein Staat eine Kultur- oder Naturstätte für die Aufnahme in die Welterbeliste vorschlägt. Sie basiert auf einem Dossier, das detailliert beschreibt, warum die Stätte einen außergewöhnlichen universellen Wert besitzt und wie ihr Schutz langfristig gesichert ist. Grundlage für den Aufbau und die Inhalte bildet Annex 5 der Operational Guidelines (UNESCO 2023), der die formalen Anforderungen an ein Nominierungsdossier klar definiert.

Die Rolle der Operational Guidelines

Die Operational Guidelines sind das zentrale Regelwerk zur Umsetzung der Welterbekonvention. Sie werden regelmäßig vom Welterbekomitee aktualisiert und präzisieren, wie die Konvention in der Praxis angewendet wird. Für die Nominierung neuer Welterbestätten sind sie von entscheidender Bedeutung, da sie die Kriterien zur Anerkennung, die Anforderungen an Managementsysteme und die formalen Vorgaben für Nominierungsdossiers festlegen. Annex 5 der Guidelines enthält dabei eine detaillierte Gliederung, welche Inhalte zwingend in ein Dossier gehören. Wer eine erfolgreiche Bewerbung anstrebt, sollte sich daher eng an den aktuellen Operational Guidelines orientieren – sie bilden den verbindlichen Rahmen, an dem sich sowohl die Staatenparteien als auch die beratenden Organisationen ICOMOS und IUCN bei der Prüfung orientieren.

Kernelemente des Nominierungsdossiers nach Annex 5

Annex 5 legt fest, dass jedes Dossier bestimmte zentrale Bestandteile enthalten muss:

  • Eine präzise Begründung des außergewöhnlichen universellen Wertes anhand der Welterbekriterien.

  • Die exakte Abgrenzung der Stätte mit Kartenmaterial, Grenzbeschreibungen und gegebenenfalls Pufferzonen.

  • Angaben zu Integrität und Authentizität, die die Echtheit und Unversehrtheit der Stätte nachweisen.

  • Den Nachweis eines rechtlichen Schutzes sowie die Beschreibung bestehender Managementsysteme oder Managementpläne, die ihre Erhaltung gewährleisten.

  • Eine Analyse der Erhaltungszustände und Risiken, die kurz-, mittel- und langfristige Herausforderungen dokumentiert.

  • Umfangreiche Dokumentationen, Quellen und Forschungsergebnisse, die die Bedeutung der Stätte wissenschaftlich untermauern.

Diese Struktur stellt sicher, dass jede Nominierung vergleichbar ist und nach international gültigen Maßstäben geprüft werden kann.

Von der Tentativliste zum Welterbe

In der Praxis beginnt jede Nominierung mit der Eintragung auf die nationale Tentativliste. Erst dann kann ein Staat ein vollständiges Dossier ausarbeiten. Der Prozess dauert meist mehrere Jahre und erfordert die Zusammenarbeit zahlreicher Akteure: Ministerien, Denkmalämter, Universitäten, Fachgutachter:innen, aber auch Kommunen und lokale Initiativen. Nach Fertigstellung wird das Dossier bei der UNESCO eingereicht und von den Beratungsorganisationen ICOMOS (Kulturerbe) oder IUCN (Naturerbe) geprüft, bevor das Welterbekomitee entscheidet.

Nominierung als gemeinsamer Prozess

Erfolgreiche Nominierungen entstehen selten in geschlossenen Expertenzirkeln. Die UNESCO legt Wert auf partizipative Verfahren, in denen lokale Bevölkerung, Eigentümer, zivilgesellschaftliche Gruppen und Behörden gleichermaßen einbezogen sind. Nur so kann sichergestellt werden, dass das Welterbe nicht nur international anerkannt, sondern auch vor Ort getragen und gelebt wird.

Tipps für Institutionen und Kommunen

Für Städte, Regionen oder Trägerorganisationen, die eine Nominierung anstreben, ergeben sich aus Annex 5 und der Praxis einige wichtige Leitlinien:

  1. Frühzeitige Analyse: Prüfen Sie gründlich, ob Ihre Stätte die UNESCO-Kriterien erfüllt, und sammeln Sie belastbare Belege.

  2. Breite Zusammenarbeit: Binden Sie von Beginn an lokale Akteure und die Bevölkerung ein – Partizipation ist ein Schlüssel zum Erfolg.

  3. Klares Managementkonzept: Entwickeln Sie ein robustes Managementsystem oder einen Managementplan, der nicht nur für die Bewerbung, sondern langfristig trägt.

  4. Ressourcenplanung: Stellen Sie sicher, dass genügend Zeit, Fachwissen und finanzielle Mittel für die mehrjährige Erarbeitung zur Verfügung stehen.

  5. Internationale Standards beachten: Orientieren Sie sich eng an Annex 5 der Operational Guidelines, um formale Mängel zu vermeiden.

Fazit

Ein Nominierungsdossier ist weit mehr als ein Antrag. Es ist eine strategische Standortbestimmung: Es dokumentiert nicht nur die Bedeutung einer Stätte, sondern zeigt auch, wie ihr Wert dauerhaft gesichert wird. Wer sich frühzeitig an den Vorgaben von Annex 5 orientiert und den Prozess offen und partizipativ gestaltet, erhöht die Chancen erheblich, dass eine Stätte als UNESCO-Welterbe anerkannt wird – und auch langfristig in dieser Rolle bestehen kann und Wissen über die Stätte lokal erhalten bleibt.

 
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Managementsysteme und Managementpläne für Welterbestätten – was ist der Unterschied?

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Managementpläne für Welterbestätte