Heritage Impact Assessment
Kulturerbe-Verträglichkeitsprüfung
MATHILDENHÖHE
Im Nominierungsprozess einer Welterbestätte
Die Mathildenhöhe Darmstadt, ein herausragendes Zeugnis des frühen 20. Jahrhunderts und ein Schlüsselort des Jugendstils, wurde 2021 in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen. Bereits im Vorfeld der Einschreibung war absehbar, dass ein Besucherzentrum erforderlich sein würde, um den Anforderungen an Vermittlung, Erschließung und Steuerung des Besucheraufkommens in der künftigen Welterbestätte gerecht zu werden. Da sich der geplante Standort innerhalb des Kerngebiets des vorgeschlagenen Welterbes befand, wurde auf Empfehlung von ICOMOS und der UNESCO eine Kulturerbe-Verträglichkeitsprüfung (Heritage Impact Assessment, HIA) durchgeführt.
Analyse der Auswirkungen und Attribute
Im Rahmen des HIA wurde die geplante Maßnahme hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Outstanding Universal Value (OUV), die Authentizität und Integrität der Mathildenhöhe bewertet. Dazu gehörte eine detaillierte Analyse der sichtbaren und gestalterischen Wechselwirkungen mit den prägenden Elementen der Künstlerkolonie, wie dem Hochzeitsturm, den Ausstellungshallen, der Gesamtanlage und der charakteristischen Topografie.
Durch die kartografische Erfassung, Sichtachsenanalyse, Material- und Höhenstudien sowie die Bewertung historischer Raumbezüge wurde ermittelt, ob das Besucherzentrum in seiner ursprünglichen Position mit den Schutzgütern des Welterbes vereinbar wäre.
Kooperationen und Methodik
Das Heritage Impact Assessment wurde durch planinghaus architekten BDA in enger Zusammenarbeit mit der Stadt Darmstadt und dem Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Abteilung Bau- und Kunstdenkmalpflege, unter Mitwirkung von Dr. Jennifer Verhoeven, erstellt. Fachlich orientierte sich die Bewertung an den Leitlinien und methodischen Vorgaben von UNESCO und ICOMOS, die bei Vorhaben innerhalb von Welterbestätten hohe Anforderungen an Gestaltung, Maßstäblichkeit und Substanzverträglichkeit stellen.
Entscheidung
Das Ergebnis der Prüfung ergab, dass eine Verlagerung des Besucherzentrums in die angrenzende Pufferzone eine deutliche Entschärfung potenzieller Eingriffe ermöglichen und den Schutz des Welterbeguts vollständig gewährleisten würde. Diese Empfehlung wurde umgesetzt und trug maßgeblich dazu bei, dass die Einschreibung der Mathildenhöhe in die Welterbeliste im Jahr 2021 erfolgen konnte.
Die HIA war somit nicht nur ein Instrument zur Risikobewertung, sondern auch ein wesentlicher Beitrag zur strategischen Steuerung des Nominierungsprozesses. Das Projekt belegt eindrucksvoll, wie durch präzise Analyse, methodisches Vorgehen und partnerschaftliche Abstimmung zwischen Stadt, Denkmalpflege und internationalen Gremien nachhaltige Lösungen im Umgang mit sensiblen Kulturerbestätten gefunden werden können.
Der Ablauf eines Prozesses zur Erarbeitung eines Heritage Impact Assessments (HIA) ist hier beschrieben:
Projektlaufzeit
2020-2021
Projektinhalte
Heritage Impact Assessment
Kulturerbe-Verträglichkeitsprüfungen
Projektbearbeiter
Jens Daube
Sebastian Jungblut
Sandra Kaiser